Im Frühling, Ende März, wird mein Sohn bereits 12 Jahre. Es ist unglaublich, wie schnell – rückblickend – die Zeit verging, obwohl ich dabei viele Tage hatte, die gefühlt fast nicht vergingen. Es gab Phasen, in denen ich völlig erschöpft war und das Ziel des Tages war es, ihn irgendwie zu bewältigen. Der Gedanke an die ganze Woche hätte mich umgeworfen.
In einem ruhigen Moment diese Woche habe ich darüber nachgedacht, wie lange ich schon alleinerziehend bin. Die Trennung von meinem Ex-Partner war Ende des Jahres 2014 und liegt mehr als 9 fordernde Jahre zurück. Im Dezember dieses Jahres kann ich dann das 10-jährige Jubiläum feiern, falls es da etwas zu feiern gibt. Aus meiner Sicht nicht, weil es nie ein Zustand war, in dem ich sein wollte. Nein, ich wollte nie alleinerziehend sein, und ich glaube, es gibt nur wenige, die das als Idealzustand verstehen.
Laut dem Statistischen Bundesamt waren im Jahr 2022 rund 2,27 Millionen Mütter und etwa 487.000 Väter alleinerziehend. Es handelt sich auf jeden Fall nicht mehr um eine Minderheit.
In meinem Fall hat vorher ein unfassbar langer Kampf um die Beziehung getobt. Es wurde Vieles unternommen, um das Steuer am Ende doch noch rumzureißen. Aber diesen Kampf haben wir nicht gewonnen. Die Frage war eher: Komme ich noch halbwegs normal aus der Beziehung heraus oder habe ich mich in meinem persönlichen Kampf verloren?
Bei mir war Letzteres der Fall. Ich wollte einen Vater für meinen Sohn haben und in der Beziehung bleiben, aber nicht, wenn ich mich am Ende dabei selbst verliere. Ich habe die Schlacht deutlich verloren, eine Schlacht der Wortgefechte, der Herabwürdigung. Auf diesem Feld ist außer Zerbruch und Scherben nicht viel übrig geblieben. Schwer verwundet habe ich mich aus dem Kampf zurückgezogen. Viele der Schüsse haben mich direkt getroffen. So sehr ich mich an den Traum einer intakten Familie klammerte, umso stärker wirkte der Selbstzerstörungsmechanismus in mir. Leider gibt es Beziehungen mit sehr ungesunden Mustern, die nicht zu retten sind.
Die Jahre des fortwährenden Streits haben nun ihr Ende gefunden und ein Frieden zog ein.
Ein Frieden, den ich nicht mehr missen wollte. Eine neue Findungsphase begann. Wer bin ich ohne Partner an meiner Seite und kann ich das alles alleine bewältigen? Kann ich eine gute und fürsorgliche Mutter sein und gleichzeitig die Versorgerrolle übernehmen? Kann ich die Stunden in der Nacht alleine abdecken und morgens aufstehen und zur Arbeit gehen? Kann ich den Haushalt alleine bewältigen, einkaufen gehen, Rechnungen überweisen, die Miete zahlen und für alle Themen meines Kindes ansprechbar sein? Und was ist, wenn ich mal nicht mehr kann? Zudem kamen neue Themen, die durch die Trennung aufgekommen sind, hoch und mussten über Jugendamt und Familiengericht geklärt werden.
Das Menschsein verliert sich in der Rolle als alleinerziehende Mutter. Sie bedeutet, weit über die eigenen Grenzen hinauszugehen. Einen Marathon zu laufen, der so schnell nicht endet. Völlig am Anschlag zu sein und trotzdem weiterzugehen, das habe ich vor allem in der Kleinkindphase meines Sohnes erlebt.
Auch die Momente des Bedauerns sind bei mir nicht ausgeblieben. Ich wollte mehr für meinen Sohn da sein, aber musste ihn schon als Kleinkind früh in den Ganztageskindergarten abgeben. Ich wollte nicht die gestresste Mutter sein, sondern die Mutter, die auch mal in Ruhe Mahlzeiten vorbereitet. Ich habe mir oft gewünscht, die einzelnen Momente mit ihm feiern zu können und jedes Alter und jede Phase mehr zu genießen. Aber manchmal blieb nur ein Trost, und der war, dass er älter wird und damit die Dinge leichter.
Trotz allem liebe ich meinen Sohn von ganzem Herzen. Ich bin froh, seine Mutter sein zu dürfen und mehr als 9 Jahre später sagen zu können: Es hat sich gelohnt! All die Kraft, all die Anstrengung, all die Kämpfe haben sich gelohnt. Er ist ein wunderbarer, intelligenter, sportlicher und humorvoller Junge.
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