Dankbarkeit läuft mir nicht einfach von der Hand. Zwar würde ich mich grundsätzlich als dankbarer Mensch einordnen, doch es gibt auch Tage, Momente und Phasen, da fällt es mir schwer dankbar zu sein.
In Zeiten, in denen es mir gut geht und das Leben sich leicht und einfach anfühlt, fallen mir viele Gründe für Dankbarkeit ein. Aber ich sitze nicht immer nur auf der Sonnenseite des Lebens, sondern erfahre auch Täler und große Herausforderungen, die meine ganze Aufmerksamkeit in Anspruch nehmen können. Da ist es schon schwieriger, Dinge zu finden, die mich dankbar stimmen.
Vor allem, wenn sich eine große Kluft zwischen meinen eigenen Erwartungen und der Realität gebildet hat. Ganz besonders merkte ich das vor vier Jahren, als ich in Kontakt mit Jugendamt, Verfahrenshelfer, einigen Anwaltsbriefen und einem laufenden Verfahren, sehr bedrückt und unglücklich wurde. Ich hatte mit allem gerechnet, aber nicht mit einer gefühlten riesigen Bugwelle, die in vollem Tempo unaufhaltsam auf mich zurauschte. Eine große Unzufriedenheit machte sich damals in mir breit, die alles Andere überschattete. All die guten Dinge, die ich schon erlebt hatte, gerieten schnell in Vergessenheit. Mir ist nicht mehr viel Gutes eingefallen, so sehr ich mich auch bemühte. Das Negative hat in dieser Zeit ganz klar überwogen und doch gab es Dinge, für die ich dankbar sein konnte.
In dieser Zeit, habe ich mit dem Schreiben eines Dankbarkeitstagebuchs angefangen. Dabei habe ich mich gezwungen positiv zu denken und mir jeden Morgen mindestens 3 Punkte notiert, für die ich dankbar war. Das fiel mir am Anfang echt schwer, aber umso länger ich die Routine hatte, umso einfacher wurde es, Punkte der Dankbarkeit zu finden. Am Anfang fielen mir nur ganz banale Dinge ein wie z.B. ein Morgen an dem ich ausschlafen konnte, die Sonne hat geschienen, ich hatte ein leckeres Frühstück, der Anruf einer Freundin, ein funktionierendes Auto, ein monatliches Gehalt, einen Arbeitsplatz. Aber mit der Zeit hat es mich immer weniger Mühe gekostet neue Sachen, für die ich dankbar bin, zu finden.
Sicher ist, dass es Phasen gibt, da könnte ich 10 Punkte und mehr aufschreiben und Tage, da muss ich mir die 3 Punkte förmlich aus den Fingern saugen.
Meine Feststellung war, dass ich eine Haltung der Dankbarkeit üben kann und Dankbarkeit selbst die schlechten Tage etwas besser macht. Ich wiege meine Negativpunkte gegen Positivpunkte auf.
Es gibt so viele Punkte über die ich dankbar sein kann und weiter dankbar sein will, egal was passiert. Mehr zu schätzen, was ich bereits habe, als ständig darauf zu schauen, was ich nicht habe. Wenn ich mir immer vor Augen führe, was mir zu meinem Glück fehlt, dann werde ich auf Dauer unzufrieden und merke auch, dass mir tendenziell viel weniger Dankbarkeitspunkte einfallen. So gerate ich auch gedanklich aus dem Gleichgewicht, was sich über kurz oder lang auf meine Laune, Motivation, Freude und am Ende auch auf mein Umfeld auswirkt.
Um mir regelmäßig aufzuschreiben, welche Dinge mich in meinem Leben dankbar machen, brauche ich zumindest eine kurze Zeit, um zur Ruhe zu kommen und darüber nachzudenken.
Ich fand es für mich sehr hilfreich, im Alltag dafür eine Routine einzurichten. Persönlich habe ich den Zeitpunkt nach dem Aufwachen gewählt, weil ich da noch nicht in der Hektik des Alltags gedanklich untergegangen bin. Mein Motivator war und ist, mir dafür eine Minutenzahl einzuplanen, um die zeitliche Hürde einzugrenzen. Also habe ich mir jeden Morgen nach dem Aufwachen fünf Minuten genommen und mindestens 3 Punkte aufgeschrieben.
Das hat mir geholfen, trotz der vielen Herausforderungen und unzähligen Aufgaben des niemals enden wollenden Tages, weiterhin auch das Positive zu sehen.
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