
Diese Woche hatte ich eine heftige Auseinandersetzung mit meinem Sohn.
Es war morgens, noch vor der Schule, als er eine Diskussion mit mir startete. Er wollte direkt nach dem Frühstück Handyzeit und ich habe es ihm verboten. Bei uns gibt es vor der Schule kein Handy.
Normalerweise ist das auch kein Problem, aber an diesem Morgen war alles anders. Was klein anfing, mit der Frage, dass ich ihm Zeit fürs Handy freischalte, entwickelte sich zu einer riesigen Lawine, die, wenn sie mal ins Rollen kommt, unaufhaltsam ist.
Ich versuchte ihm zu erklären, warum ich NEIN gesagt hatte. Aber meine klaren Worte prallten an meinem Sohn ab und führten zu einem großen Unverständnis seinerseits. Die Zeit drängte irgendwie - wie jeden Morgen, und es blieb keine Zeit, alles in Ruhe zu klären.
Aufgebracht stand er im Flur und erwartete ein Entgegenkommen von mir. Es gibt viele Dinge, an die es morgens zu denken gibt, wie Trinkflasche, Vesper, Schlüssel und einiges mehr. Die Hektik des Morgens lässt keine Umwege, kein Stehenbleiben zu. Nachdem ich ihm signalisiert hatte, dass wir in Eile sind und ich möchte, dass er sich darauf konzentriert, was jetzt ansteht, ergab ein Wort das andere und ich wurde laut.
An diesem Morgen hatte er mir nichts Gutes mehr zu sagen, und wir verließen im Streit das Haus. Auf dem Weg zur Schule schwieg er mich an, würdigte mich keines Blickes mehr und schaute frustriert aus dem Fenster. Ich persönlich hoffte sehr auf eine wohlwollende Verabschiedung, aber dieser Moment war nicht mehr zu retten.
Was passierte, machte mich nachdenklich. Was wäre, wenn das meine letzte Begegnung mit ihm gewesen wäre? Könnte ich mit dem Ausgang dieser Situation abschließen?
Die Auseinandersetzung ließ sich vor der Schule jedenfalls nicht mehr klären oder beeinflussen. Aber es gibt viele Dinge, die ich beeinflussen kann, auf die ich mich konzentrieren möchte.
Darum konfrontiere ich mich ab und an mit der Frage: Was wäre wenn ich heute sterben würde? Hätte ich dann meinen Frieden mit den Menschen, Situationen und Erlebnissen, die mir im Laufe meines Lebens begegnet sind?
Würde ich mich anders verhalten, wenn es keinen Morgen mehr gäbe? Wäre ich nicht eher im Hier und Jetzt, als mir über die Zukunft Sorgen zu machen? Und würde es nicht in mir einen Prozess anstoßen, indem ich jeden Tag ganz anders schätzen lerne? Habe ich den Menschen, die mir in meinem Leben wichtig sind, gesagt, was mir wichtig war zu sagen? Sind meine zwischenmenschlichen Beziehungen geklärt? Oder gibt es noch eine Unvergebenheit in meinem Leben und wenn ja, wem muss ich noch vergeben?
War ich mutig, habe auf Gott vertraut und bin die nächsten Schritte gegangen? Wem habe ich etwas Gutes getan und sind Gottes Spuren in meinem Leben sichtbar geworden?
War ich eine gute Mutter, Tochter, Freundin, Kollegin und Schwester? Solange ich hier bin, bin ich Mensch und mache auch Fehler. Am Ende des Tages geht es nicht darum, dass ich perfekt war, sondern dass ich mein Bestes gegeben habe.
Nicht stehenzubleiben oder in alten Verletzungen hängenzubleiben, sondern mutige Schritte nach vorne zu gehen, auf Menschen zuzugehen, großzügig zu vergeben, meine Konflikte zu klären und auszusprechen, was mir wichtig ist.
Ich möchte Gutes erwarten und jeden Tag als Chance für einen Neubeginn sehen.
Liebe Carmen,
beim Lesen deines Eintrags konnte ich mir ein Schmunzeln nicht verkneifen.
Nicht etwa, weil die Situation an sich amüsant wäre – weit gefehlt –, sondern weil ich mich allzu gut in die morgendliche Szene hineinversetzen kann. Wer kennt sie nicht, diese kleinen häuslichen Dramen, die sich wie ein Sturm im Wasserglas anfühlen und uns manchmal vergessen lassen, was wirklich zählt?
Zuerst möchte ich sagen: Hut ab vor deiner Selbstreflexion! Deine Fähigkeit, aus einem Streit um Handyzeit solch tiefgreifende Lebensfragen zu ziehen, ist wirklich beeindruckend.
Und ja, inmitten des Getümmels des Alltags vergessen wir oft, die wirklich wichtigen Fragen zu stellen – oder wie in deinem Fall, unseren Kindern zuzuhören und zu verstehen, was hinter ihren Wünschen steckt.
Ich…